Von St. Gallen nach Freiburg und zurück
Peter Oberholzer hat mit dem Tandem den Vinzenkollegen und – kolleginnen in Freiburg überzeugt. Er fuhr mit dem Gefährt von St. Gallen nach Freiburg und zurück; ein reichhaltiges überzeugendes Erlebnis. In der ersten Juliwoche waren endlich ein paar schöne Tage angesagt. Wir brachen morgens um 4.00 Uhr in St. Gallen auf, um das Tandem den Vinzenz Konferenzen in Fribourg zu zeigen. Wir folgten der Thur, stillten um 7.00 Uhr unseren Hunger in Wil und luden die Batterien auf. Gut gelaunt pedalten wir nach Turbenthal und dann zur Kyburg hinauf. Die Aussicht lässt grüne Herzen höherschlagen! |
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Winterthur und Zürich versinken im grünen Dschungel zwischen den Hügeln und Schluchten der Töss und ihrer Zuflüsse. Ganz anders präsentierte sich das Flughafengelände mit den Lagerhallen. Doch danach radelten wir durch die alte Kornkammer des Limmattals bis Baden, wo wir einen Steinwurf von der Limmat entfernt in der Jugendherberge übernachteten. Die freundliche Leiterin packte uns ein Lunchpaket, damit wir wieder früh starten konnten.
Überall Wasser…
Der zweite Tag führte uns durch das Wasserschloss der Schweiz, den Zusammenfluss von Limmat, Reuss und Aare. Die Flüsse waren wegen der starken Regenfälle zu Strömen angeschwollen. Die gewaltigen Wassermassen gaben ein Schauspiel: Bald schäumten sie weiss auf über eine Schwelle, schwatzten und redeten durcheinander, bald träumten sie still vor sich hin. Wir fuhren durch die Auenwälder der renaturierten Aare.
Das ist leicht, sofern man mit dem Vorderrad immer die Mitte des schmalen Kiespfades anpeilt. Dafür holpert es und manchmal streifen einen (Dorn-)Büsche. In Aarau machten wir einen Rundgang durchs Städtchen und in Wangen a.A. vergassen wir bei einem Nickerchen die Zeit. Die Wolken schliefen nicht, sie verstellten die Sonne.
Wir brachen eilig auf und traten, was die Beine hergaben. Wir wollten Solothurn vor dem Gewitter erreichen. Es reichte nicht! Wir zelteten eine Stunde lang unter dem Regenschutz auf den Sitzen des Tandems. Mit nassen Füssen und Hosen trudelten wir in der Ambassadoren Stadt des Sonnenkönigs ein.
Genuss und tolle Begegnungen
Abends spielte die Schweiz gegen England. Alle hatten ihre Laptops am Netz. Die Spannung in der Jugendherberge war zu klein, um unsere Batterien aufzuladen. Wir zügelten mit den Akkus ins «Grüne Kreuz», tafelten sehr gut und konnten auf den Gesichtern des Servierpersonals den Spielstand und den Verlauf des Penaltyschiessens miterleben.
Am Sonntag schauten wir das schmucke Burgdorf an. In der Nähe von Hindelbank sprach mich eine Rennfahrerin von an: Du bist doch …! Es war Marlen Reusser, die verletzungsbedingt nicht an der Olympiade teilnehmen konnte. Sie sagte in schönstem Berndeutsch: «Das ist ja ein mega-cooles Gefährt! Ich habe noch nie so eines gesehen!» Natürlich fing ich dieses Kompliment der zweifachen Weltmeisterin, Europameisterin und Siegerin vieler Rennen Silbe für Silbe auf und überbringe es hier schriftlich dem Oberrat und allen Vinzenz Konferenzen.
Vorführen – zum Guten verführen
In Bern übernachteten wir bei einem unserer Kinder. Anderntags fuhr ich nach Düdingen zu Probefahrten vor der Bibliothek. Die Vikos Mitglieder mussten nicht lange von den Qualitäten des Tandems überzeugt werden. Ich hörte beinahe ihre Hirnwindungen surren, während sie überlegten, ob und wie sie ein solches anschaffen könnten. Im Sense Bezirk, wo sie wirken, hat es Bedarf genug. Es kann den Betagten in acht Heimen ein Gefühl von Schulreise bringen.
Gut gestärkt am Tisch des Sekretärs und seiner Frau erlebte ich auf der Rückfahrt nach Bern eine bezaubernde Landschaft. Die untergehende Sonne liess die reifen Felder aufleuchten. Sie schien kraftvoll zwischen den Stämmen des weitläufigen Waldes. Ich hörte keinen Verkehr und nirgendwo eine Maschine rattern. Die behäbigen Häuser träumten still vor sich hin wie vor Jahrhunderten.
Mit Energie und Nachhaltigkeit
In Bern Bethlehem verbrachten wir einen Ruhetag mit dem Enkel. Ich manövrierte ihn in lustigen Kurven von Spielplatz zu Spielplatz. Nach diesem Aufwärm-Training düsten wir anderntags von Bern nach Brugg (110 km) und danach von Brugg nach St. Gallen (146 km). Der letzte Tag war etwas viel, doch das grosse rote Insekt versprüht Lebensfreude. Fast jeder Velofahrer lachte uns an, und die Velofahrerinnen konnten schon gar nicht anders!
Dennoch packte uns in Turbenthal der Schrecken: Die evangelische Kirche schmückt sich mit dem Zertifikat des «Grünen Güggels» für ihre ökologischen Leistungen. Also luden wir in der Kirche vertrauensvoll die Akkus auf und warteten auf der Bank vor der Haupttüre. Als wir um 17.00 Uhr die Batterien holen wollten, war sie verriegelt und die Seitentüre auch!
Wir hatten noch 60 Kilometer vor uns. Wir telefonierten alle Nummern durch, die im Schaukasten angeschlagen waren. Niemand nahm ab. Auf dem Spielplatz erfuhren wir den Namen einer Messmerin. Sie wohnte nicht mehr da, machte sich aber auf den Weg, um uns zu öffnen. Sie verriet uns, dass die Kirchentüren um 17.00 Uhr automatisch schliessen. Aha! Wir atmeten auf und kamen nach 626 Kilometern glücklich nach Hause. Das heisst: in Flawil liessen wir noch ein Gewitter vorbeiziehen und bestaunten einen grossen Regenbogen.
St. Gallen, Ende August 2024 von Peter Oberholzer